Oswald von Wolkenstein – eine Persönlichkeit des Spätmittelalters
Oswald von Wolkenstein ist nicht nur Geschichts- und Kulturinteressierten wohl bekannt. Der größte Reitwettbewerb der Alpen, der Oswald-von-Wolkenstein-Ritt, der jährlich seit 1983 im Schlerngebiet stattfindet, ist nach ihm benannt. Auch gibt es in Südtirol nicht wenige Oswald-von-Wolkenstein-Straßen oder Wege. Auf seinem bekanntesten Portrait aus dem Jahre 1432 zwinkert die pfiffige Persönlichkeit aus dem Spätmittelalter auch jetzt noch seiner Nachwelt zu. Wer sich mit der Biographie des Südtirolers etwas besser auskennt, weiß natürlich, dass Oswald von Wolkenstein immer mit einem geschlossen Auge abgebildet ist.
Der Reisende
Von Oswald von Wolkenstein gibt es unzählige Literatur und auch einige Tonträger, denn er war nicht nur im diplomatischen Dienst des deutschen Kaisers Sigismund des Ersten tätig, sondern er komponierte, dichtete und sang.
Im schönen Südtiroler Pustertal soll er um 1377 geboren sein. Als Sohn eines Edelmanns kam ihm das Privileg zu, schon früh sein Elternhaus – die Trostburg bei Waidbruck – zu verlassen um als dienender Knappe in der Welt umherzureisen.
Was tun, wenn einem schon die Welt mit zehn Jahren offen steht? Kaum vorstellbar zu dieser Zeit, jedoch weisen seine eigenen Niederschriften darauf hin, dass er ziemlich viel von der Welt gesehen hatte. Doch warf seine Neigung zur Gewalt immer wieder einen Schatten auf sein Leben.
Der Politiker und Diener der Kirche
Neben seiner künstlerischen Ader, mit der er viele Liedtexte, Gedichte und Melodien hervorbrachte, war Oswald von Wolkenstein ein Politiker und trotz seiner menschlichen Fehltritte ein angesehener Mann. Nicht nur sein Dienst für den Kaiser brachte ihm politische Ehre. Auch durfte er als einer der Gefolgsleute Herzogs Friedrichs IV. von Tirol am Konzil von Konstanz teilnehmen und dann später mit vier anderen auserwählten Männern dessen Erbe bis zur Volljährigkeit dessen Sohnes verwalten. Des Weiteren reiste er mit seinem Bruder zum Nürnberger Reichstag und nahm auch noch kurz vor seinem Tod am Meraner Landtag teil. Dies sind nur einige seiner politischen Aktionen. Auch stellte er sich mit seiner Reise nach Palästina als Kreuzritter in den Dienst der Kirche.
Das bewegte Leben des von Wolkenstein
Als er 1445 in Meran starb, hatte er ein bewegtes Leben hinter sich. Dies hatte nicht ausschließlich mit seinen Reisen und seiner politischen Tätigkeit zu tun. Um 1400 muss es mit einem seiner Brüder einen Erbstreit gegeben haben, der erst ca. 7 Jahre später beigelegt werden konnte. Aus dem Erbe stand ihm ein Drittel der Burg Hauenstein oberhalb des Ortes Seis am Schlern zu, von der heute nur noch eine Ruine übrig geblieben ist. Die übrigen zwei Drittel gehörten einem anderen Ritter, namens Martin Jäger. Eine Zeitlang interessierten sich die beiden Ritter kaum für ihr Eigentum. So konnten die Bauern und gleichzeitig Pächter der zur Burg gehörenden Bauernhöfe ein ruhiges Leben führen. Dies bis zu jenem Tag, an dem eine der beiden sich wieder für die Burg interessierte. Hier beginnt die allerseits bekannte Geschichte des Oswald von Wolkenstein mit der Burg Hauenstein.
Oswald war es, der, zwischenzeitlich verheiratet, ein plötzliches Interesse an der Burg zeigte. Zu Unrecht eignete er sich auch die zwei Drittel des Miteigentümers der Burg und der dazugehörigen Bauernhöfe an. Erschreckenderweise versuchte Martin Jäger mehrmals vergeblich sein ihm rechtmäßig zustehendes Eigentum einzufordern und dem Verhalten des von Wolkenstein Einhalt zu gebieten. Die Landesfürsten halfen ihm nicht. Zu gut hatte Oswald von Wolkenstein sich ein Netz aus Beziehungen gesponnen. Über Jahre geschah nichts. Doch dann fand sich der Stolperschein für Oswald. Nicht erst seit kurzem hatte Oswald von Wolkenstein eine Liebschaft zu der Frau Martin Jägers, Anna. Diese verabredete sich mit ihrem „Geliebten“ zum Schein und der ahnungslose Oswald von Wolkenstein wurde an dem vereinbarten Ort verschleppt und in einer Meraner Burg über Monate aus Rache im Auftrag Martin Jägers brutal gefoltert.
Oswald von Wolkenstein erholte sich bis zu seinem Tod nicht mehr von den gesundheitlichen Schäden der Misshandlung. Es grenzt an ein Wunder, dass Oswald von Wolkenstein nach wie vor Freunde hatte, die mit Hilfe einer Bürgschaft seine Befreiung in die Wege leiten konnten.