Das Kirchlein St. Valentin oberhalb von Seis
Die St. Valentin-Kirche oberhalb von Seis am Schlern zählt zu den schönsten Gotteshäusern des gesamten Schlerngebietes. Obwohl das Kirchlein inmitten der Wiesen steht, die sich oberhalb – östlich – von Seis am Schlern erstrecken, gehört dieses als Filialkirche zur Pfarrkirche Kastelruth.
Die einmalige Lage der Kirche bringt es mit sich, dass das Gotteshaus auf zahlreichen Postkarten und Prospekten abgebildet ist, welche für das Schlerngebiet, dem beliebten Südtiroler Ferienparadies, werben. Die Kirche ist von sattgrünen Wiesen umgeben. Im Hintergrund erhebt sich die Santnerspitze und im Umfeld kann man seine Blicke nach Seis am Schlern und das nähere Umfeld schweifen lassen. Die idyllische Lage der St. Valentin-Kirche bringt es auch mit sich, dass sich hier regelmäßig Paare – vor allem aus dem Ausland – trauen lassen.
Die Bank vor der Kirche und der Nussbaum, der an heißen Sommertagen einen erfrischenden Schatten spendet, laden die Besucher der Kirche zum Rasten ein.
Der Namenspatron des St. Valentinkirchleins
Die Kirche wurde dem Heiligen Sankt Valentin geweiht. Sankt Valentin war damals, als Kaiser Claudius II. Trauungen verboten hatte, als Bischof von Terni eingesetzt. Trotz dieses Verbots hatte Sankt Valentin dennoch die heiratswilligen Paare vermählt. Am 14. Februar wurde der Bischof aufgrund seines christlichen Glaubens hingerichtet. Daher feiert man heute am 14. Februar eines jeden Jahres den Valentinstag. Es geht auf eine Legende zurück, dass man sich heute am Valentinstag mit Blumen beschenkt. Die Legende wird mit Sankt Valentin in Verbindung gebracht und besagt, dass dieser damals frisch vermählte Paare mit Blumen aus seinem eigenen Garten beschenkt hat. Damals nahm man an, dass die von Sankt Valentin geschlossenen Ehen besonders reich gesegnet waren. Aufgrund dessen, dass der Heilige Valentin der Namenspatron der Kirche ist, feiert man jedes Jahr am 14. Februar einen Gottesdienst.
Meistens wird Sankt Valentin bildlich mit einem Schwert dargestellt. Das Schwert weist dabei auf sein Martyrium und auf seine Enthauptung hin. Manchmal kann man Sankt Valentin allerdings mit einem Hahn sehen; der Hahn wird in diesem Zusammenhang als Symbol für die Opferung seines Lebens abgebildet.
Sankt Valentin – der Heilige Valentin – wird heute als Patron der Liebenden verehrt. Oftmals kommt es jedoch vor, dass dieser Sankt Valentin mit dem Heiligen Valentin von Rätien verwechselt wird. Beim Heiligen Valentin von Rätien handelt es sich jedoch um den Schutzpatron gegen die „fallenden Krankheiten“. Als fallende Krankheit zählen beispielsweise die Epilepsie und die Ohnmacht.
Das Sankt Valentinskirchlein ist zugleich der Namensgeber der Kastelruther Fraktion „St. Valentin“, in der die kleine Kirche geographisch liegt.
Die Geschichte der kleinen Kirche
Dass die Kirche genau an dieser Stelle erbaut wurde, an der sie noch heute zu finden ist, hat aller Wahrscheinlichkeit nach damit zu tun, dass hier bereits vor sehr langer Zeit Menschen siedelten. So vermutet man, dass in den Feldern, die sich nördlich der Kirche befinden, noch Teile einer römischen Siedlung vorhanden sind.
Die Geschichte der St. Valentin-Kirche hat ihren Beginn bereits im 13. Jahrhundert. Erstmals wurde das Kirchlein im Jahr 1244 urkundlich erwähnt. Noch heute können aufmerksame Beobachter anhand des Glockenturms und der gekuppelten Fenster die Merkmale des Baustiles aus dem 13. Jahrhundert erkennen.
Im Jahr 1353 wurde die Kirche neu geweiht.
Im 15. Jahrhundert wurde die Kirche umgebaut. Diesem Umbau verdankt die Kirche ihren Chor, wie er heute zu sehen ist. Der Umbau kann aufgrund eines Ablassbriefes aus dem Jahr 1475, welcher sich im Pfarrarchiv befindet, genau datiert werden.
Die Kirche innen
In Inneren wirkt die Kirche auf den ersten Blick eher schlicht und einfach. Beschäftigt man sich mit der Innenausstattung jedoch genauer, wird man sehr schnell feststellen, dass sich hier einige Kostbarkeiten und auch vor allem sehenswerte Fresken befinden.
Links und rechts sind in der Kirche befinden sich für die Gottesdienstbesucher hölzerne Kirchenbänke. An der linken Innenwand – also an der Nordseite der Kirche – sind Bilder vom Kreuzweg Jesu Christi zu bewundern, die ihre ganze Schönheit dann entfalten, wenn sie richtig ausgeleuchtet werden. An der linken Wand befindet sich auch am Beginn des Chors eine kleine Kanzel.
Im Jahr 1594 waren den Aufzeichnungen zufolge in der Kirche zwei Altäre vorhanden. Ein Altar wurde zu Ehren des Heiligen Valentin gefertigt. Der zweite Altar wurden den Heiligen Ursula, Juliana und Christina geweiht. Es könnte sein, dass die drei Heiligen deshalb gewählt wurden, um an die nahe heidnische Siedlung der Römer zu gedenken, die auf dem Gschlier und Telfen inklusive dem Opferplatz auf dem Rungger Eck von diesen zerstört wurde.
Heute befindet sich in der Sankt Valentin-Kirche ein Flügelaltar, der von Dekan Bamhackl zusammengestellt wurde. Der Altar ist im spätgotischen Stil – also Stilformen des ausgehenden 15. Jahrhunderts – gebaut. Der Schmerzensmann befindet sich im Schrein zwischen den beiden Heiligen Valentins. Im Aufsatz ist der gekreuzigte Jesus zu sehen. An den Flügeln des Altars befindet sich auf der einen Seite eine Darstellung der Heiligen Maria Magdalena und auf der anderen Seite ein Relief von Sankt Leonhard, dem Patron, der Fuhrleute und Pferde und der Gefangenen. Die bemalten Außenseiten der Flügel, welche also dann zu sehen sind, wenn die Flügel des Altars geschlossen sind, zeigen die Zahnwehheilige Apollonia und die Heilige Elisabeth.
An der West- und Südwand im Kircheninneren wurden in den Jahren von 1962 bis 1972 Fresken freigelegt. Die letzte Freskenschicht wurde im Jahr 1976 abgenommen und an der Nordwand auf einer Leinwand wieder angebracht. Diese Schicht ist im Donaustil gehalten und stammt aus der Zeit um das Jahr 1530.
Im Rahmen der Restaurierung im Jahr 1983 konnte man in Erfahrung bringen, dass der Chor der Kirche vollständig mit Szenen aus dem Alten Testament ausgemalt war. So waren hier der Sündenfall, Kain und Abel, die Vertreibung und die Erschaffung Evas bildlich dargestellt. Aber auch Bilder aus dem Leben des Heiligen Valentin wurden hier angebracht.
Die Kirche außen
Vor allem an der Südseite der Kirche sind an den Außenmauern Fresken zu bestaunen, welche vor etwa sechs Jahrhunderten gefertigt wurden. Die Fresken zeigen Bilder des – wie sollte es auch anders sein – Kirchenpatrons, des Heiligen Valtenin, aber auch der Heilige Christophorus, die Anbetung der Könige, das Schweißtuch und eine Kreuzigung sind mit den Fresken bildlich dargestellt. Wer sich mit der Freskenmalerei genauer beschäftigt, wird feststellen, dass die in den nassen Freskomörtel eingravierten Kelche, Heiligenscheine, Kronen und Kleidersäume eine Besonderheit sind.
An der Fassade der Kirche ist unter anderem Katharina und darüber die Verkündigungsszene dargestellt. Die Fresken wurden von einer Bozner Malerwerkstatt gefertigt.
Quelle: Karl Gruber – Die Kirche von Kastelruth und ihre Filialkirchen