Der Partschott – die Sage über die Entstehung der Seiser Alm
Im Rosengartengebirge, dem Gebirgszug südlich der Seiser Alm, lebte einst König Laurin. Wie der Sage nach noch heute erzählt wird, versteinerte der Zwergenkönig in einem Wutanfall seinen Rosengarten. Das rosarote Leuchten des Rosengartengebirges zur Abenddämmerung erinnert noch heute an den einst prächtigen Rosengarten (s. König Laurin und sein Rosengarten).
Zum Reich von König Laurin gehörte im Norden auch ein traumhafter Jagdforst. Die Tiere – von den weißen Hirschen über glänzenden Goldfasanen bis hin zu flinken Gämsen und munteren Rehen – fanden in dem Gebiet, der heutigen Seiser Alm, stets ausreichend Nahrung. Der Partschott, ein alter Mann, arbeitete in dem Gebiet als Aufseher. Der Partschott kümmerte sich um das Wild, fütterte im Winter die Tiere und mähte in den Sommermonaten die sattgrünen Wiesen der Seiser Alm.
Als König Laurin eines Tages seinen Rosengarten versteinerte und seinen ganzen Hofstaat in die tiefen Felsensäle schickte, hatte er den Partschott auf der Seiser Alm schlichtweg vergessen. An jenem Abend fand der Partschott anstatt des blühenden Rosengartens nur noch steile Berggipfel vor. Auf dem Grunser Bühel hatte der Partschott sich dann eine Hütte gebaut und seine Arbeit unverändert fortgesetzt.
Eines Tages kamen schließlich fremde Leute, die die vom Partschott gepflegten und gehüteten Tiere jagten. Zwar wollte der Partschott sich mit den fremden Leuten vertragen, diese lachten ihn jedoch nur aus. Die fremden Leute gingen immer unbarmherziger mit dem Partschott um; sie brannten die Waldflüchen nieder und trieben immer mehr Vieh ab. Dies führte dazu, dass der Partschott schwermütig wurde und sich zurückzog. Aus dem einst traumhaften Jagdforst von König Laurin entstand sehr schnell die Seiser Alm, welche heute die größte und für viele auch schönste Hochalm Europas ist.
Von dem damals dichten Waldgebiet sind nur noch wenige Waldflächen – unter anderem am Confin – übrig geblieben. In den Hauensteiner Forst floh der letzte weiße Hirsch, die Rosszähne waren der Fluchtort der Fasanen. Und der Partschott flüchtete in die dicht bewaldeten Hänge unter Confin.
Heute haben die Einheimischen den Partschott schon lange vergessen. Sie glauben an einen Almgeist, wenn der Partschott um sein Wild trauert und sie ihn durch die Wälder schleichen sehen. Vom Confinboden kommt er schweren Schrittes und gestützt auf seinem Bergstock herauf, wenn durch die Jöcher der Wind bläst und auf der Seiser Alm schon sämtliches Vieh abgetrieben ist.
Eines Tages wird wieder die Zeit gekommen sein, wo alles so wird, wie es einmal war. Zu dieser Zeit wird der Partschott über die herbstliche Seiser Alm schreiten. Der Rosengarten wird wieder in seiner einstigen Pracht erblühen, die versunkenen Bergpaläste werden wieder erscheinen und der Zirbelwald wird sich wieder über die Seiser Alm ausbreiten, sodass der Partschott wieder seinen Jagdforst haben wird, in dem er das Wild König Laurins wie einst hüten wird.
Die Sage vom Partschott am Hans-und-Paula-Steger-Weg
Wer den Hans-und-Paula-Steger-Weg auf der Seiser Alm wandert, der kann am Wegesrand Hinweistafeln finden. Auf diesen Hinweistafels wird unter anderem die Sage vom Partschott auf der Seiser Alm beschreiben. Diese Sage ist nicht nur für Kinder interessant.
Sagen sind, genau wie auch Mythen und Märchen, überlieferte Erzählungen. Anhand dieser kann man das Gedankengut und die geistigen Vorstellungen nachvollziehen, die die Menschen damals hatten als es noch keine schriftlichen Zeugnisse gab. Dabei sollte man sich vor Augen führen, wie furchterregend die Seiser Alm mit den umliegenden Dolomitengipfeln bei Unwetter und Finsternis werden kann. Dann kann man die Entstehung der Sage vom Partschott ganz leicht nachvollziehen.